OLG Koblenz – Klage wegen Vergütung: Wer muss Sachmängel bei gescheiterten IT-Projekten und einen Mehraufwand beweisen?

Häufig enden gescheiterte IT-Projekten in einer Klage wegen der restlichen Vergütung. Der Auftragnehmer verlangt die Vergütung von dem von ihm erbrachten Leistungen, wobei der Auftraggeber diese Forderung nicht als berechtigt ansieht.

Wie bei jeder Vergütungsklage trägt beim Werkvertrag der Werkunternehmer die Preisgefahr bis zur Abnahme. Das heißt, er muss bis dahin beweisen, dass die von ihm erbrachten Leistungen werthaltig sind. Zahlt der Besteller jedoch Teilbeträge und handelt es sich dabei nicht um Vorschusszahlungen, trägt dieser die Beweislast für die Mangelhaftigkeit der Leistungen, wenn er das Gezahlte zurückverlangt

Aber auch der Werkunternehmer, muss bei einem Projekt Mehraufwendungen beweisen, um einen Zahlungsanspruch geltend zu machen, der über die Pauschalpreisvereinbarung hinausgeht.

Dies entschied das OLG Koblenz, Urteil vom 12.11.2015 – Az. 1 U 1331/13. Die Entscheidung wurde inzwischen vom BGH bestätigt.

Anmerkung:

Unternehmen sollten nicht nur bei der Vertragsgestaltung im Rahmen von IT-Projekten einen fachlich spezialisierten Anwalt beauftragen. Um auf Fehlentwicklungen während eines Projektes angemessen reagieren zu können und für eine bestmögliche Beweislage in einem möglichen Prozess zu sorgen, ist eine fortlaufende Betreuung durch einen Rechtsanwalt im IT-Recht erforderlich. Hierdurch können die Erfolgschancen für eine Klage wegen der Vergütung deutlich erhöht werden.

Gerne stehe wir Ihnen hierfür als Fachanwalt im IT-Recht als kompetenter Berater zur Seite. Profitieren Sie von unserer Erfahrung in Gerichtsverfahren im IT-Recht und nehmen Sie gleich unverbindlich Kontakt auf.

Sachverhalt:

Die Bundeswehr wollte die Software ihrer Teilstreitkräfte und schloss dazu mit dem beklagten IT-Unternehmen einen Werkvertrag über insgesamt 80 Millionen Euro.

Das IT-Unternehmen sollte seine Leistung in mehreren Teilabschnitten erbringen. Es kam jedoch zu Schwierigkeiten, weshalb keine Teilleistung von der Beklagten vollständig erbracht wurde. Dennoch leistete die Klägerin (BRD)Teilzahlungen im Umfang von etwa 40 Millionen Euro.

Beide Parteien sind dann nacheinander vom Vertrag zurückgetreten.

Die Klägerin begehrte Rückzahlung des bereits geleisteten Werklohns, denn die erbrachten Leistungen der Beklagten seien wertlos. Die Beklagte begehrte mit der Klage hingegen Zahlung der Vergütung für weitere geleistete Arbeit.

Entscheidung des Gerichts:

Das Gericht wies die Klage ab. Die Beweislast dafür, dass die erbrachten Teilleistungen der Beklagten wertlos seien, trage die Klägerin, der Beweis sei ihr nicht gelungen. Sie könne folglich das bereits Geleistete nicht zurück fordern.

Das Gericht begründete seine Entscheidung wie folgt:

Ob der Rücktritt der Klägerin vom Vertrag zulässig gewesen ist, entscheid das Gericht nicht, darauf komme es vorliegend nicht an. Tritt eine Partei vom Werkvertrag zurück, muss sie bereits erhaltene Leistungen herausgeben. Soweit dies, wie vorliegend, nicht möglich ist, muss sie Wertersatz leisten.

„Die von der Klägerin begehrte Rechtsfolge, die Rückzahlung des Werklohns, kann sie dann in jedem Fall nur mit dem Nachweis der Wertlosigkeit des Werkes erreichen, da sie ansonsten nach § 346 BGB Wertersatz leisten müsste.“

Bei Pauschalverträgen, also wenn für einen Erfolg im Voraus ein bestimmter Werklohn vereinbart wurde, muss, wenn der Besteller Vorschusszahlungen tätigt, der Werkunternehmer beweisen, dass die erbrachten Leistungen den erhaltenen Vorschusszahlungen wertmäßig entsprochen haben. Anderenfalls muss er diese anteilig zurückerstatten.

Vorliegend war die Klägerin jedoch aus dem Vertrag sowie aus öffentlich-rechtlichen Vorschriften verpflichtet, Zahlungen auf Meilensteine zu leisten, nachdem diese geprüft wurden. Da die Klägerin dabei insbesondere auch Zahlungen aufgrund von Mängeln kürzte, nahm das Gericht an, dass es sich nur um Vorschusszahlungen gehandelt hat.

In diesem Fall gilt:

Ist zwischen den Parteien streitig, ob das Werk wertlos oder minderwertig ist, muss derjenige, welcher Ansprüche aufgrund des Mangels geltend macht diesen beweisen.

„Im vorliegenden Fall trägt die Klägerin bei jeder möglichen Anspruchskonstellation die Darlegungs- und Beweislast, dass die Werkleistungen der Beklagten wertlos oder minderwertig waren und wertmäßig nicht den auf die Projektleistungen gezahlten Beträge entsprachen. Die Beklagten tragen die Darlegungs- und Beweislast dahingehend, darzustellen, welche konkreten Leistungen und mit welcher Werthaltigkeit sie diese erbracht haben.“

Das Gericht entschied, dass eine Leistung nicht allein deshalb mangelhaft ist, weil sie nicht zu Ende erbracht wurde. Weitergehend wurden Mängel von der Klägerin nicht hinreichend qualifiziert vorgetragen.

Selbst wenn der Klägerin also ein Anspruch auf Rückgewähr zustünde, würde dieser durch Aufrechnung erlöschen, das heißt dadurch wieder entfallen, da der Beklagten ein ebenso hoher Anspruch auf Wertersatz zusteht.

„Die Klägerin hat in allen Fällen für die erhaltenen Leistungen im Rahmen der Abwicklungsverhältnisse Wertersatz zu leisten, der der Höhe nach ihren vertraglichen Zahlungen an die Beklagte zu 1.) entspricht. Damit steht ihr kein den Wertersatz übersteigender Zahlungsanspruch gegen die Beklagten zu.“

Zu der Klage auf Vergütung wegen getätigter Mehraufwendungen

Aber auch ein von der Beklagten geltend gemachte Zahlungsanspruch wegen getätigter Mehraufwendungen bestand nach Auffassung des Gerichts nicht.

Bei Vorliegen einer Pauschalvergütung trägt der Werkunternehmer die Beweislast dafür, dass er erhebliche Zusatzleistungen erbracht hat. Dieser Beweis ist nicht gelungen.

„Der Anspruch scheitert jedoch bereits daran, dass die Beklagten für ihre behaupteten Mehraufwendungen keinen hinreichenden Sachvortrag in der Abgrenzung und Differenzierung zu den sowieso vertraglich geschuldeten Leistungen erbracht haben. Dies gilt sowohl für die behaupteten Mehraufwendungen als auch für die behaupteten Schäden durch die behaupteten Pflichtverletzungen der Klägerseite.“

Fazit – Bei Klagen wegen Vergütung auf kompetente Beratung setzen.

Die Entscheidung zeigt typische Schwierigkeiten bei Streitfällen bei IT-Projekten. Gerichtliche Verfahren sind aufgrund der Komplexität und des regelmäßig hohen Streitwerts sehr kostspielig und kennen häufig keinen klaren Sieger. Den Beteiligten auf beiden Seiten ist daher zu raten den Lauf des Projekts stets gut zu dokumentieren, um im Streitfall den Beweis erbringen zu können.

Dies kann im Gerichtsverfahren entscheidend sein.

Hilfreich ist hierbei eine gute anwaltliche Betreuung, die im Falle von Mängeln das richtige Vorgehen sicherstellt. Denn Recht haben hilft Ihnen nur weiter, wenn Sie dies beweisen können. So werden auch kostenintensive Softwareprojekte zum Erfolg für Sie.

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